CYNTHIA WARD

 

Blutmond

 

Als Herr Sonne sich dem Ende seiner Himmelsreise näherte, da richtete sich Hexe Winter von ihrem Gartenbeet auf, wischte sich am Leinenkittel die Hände ab und strich sich eine Locke ihres Haares zurück, das trotz ihrer erst zwei Dutzend Lenze weiß wie Schwanendaunen war … Wie ihr Vater hatte sie schon von Geburt an weißes Haar, dazu Augen, die von einem hellen, transparenten Blau waren: das Zeichen des Mondbanns.

Stöhnend hob sie ihren Ebereschenstock auf, der zwischen den Grünkohlpflänzlingen lag, und ging dann, ein wenig humpelnd, quer über die Lichtung. Fast wäre sie jedoch gestürzt, weil ihr unverhofft ihr Wildkater zwischen die Füße lief! Laut schnurrend strich ihr ihr Hausgeist um die Knöchel und sagte ihr ohne Worte, dass er schon seit Monaten nichts mehr gefressen hätte. Ja, Wanderbursch war eben, wie alle Katzen, ein großer Lügner. Und verschwand ab und an für Tage, aber nie für Monate.

Dieses Mal war er eine ganze Woche fort gewesen, und so war sie recht froh, ihn wiederzusehen. Sie hatte ihn einst unter einem umgestürzten Baum gefunden, als einzigen Überlebenden aus dem Wurf einer Wildkatze, die beim Kampf mit einem Fuchs umgekommen war. Aber im Wald gab es ja auch Bären und Wölfe! Winter hatte in den letzten Jahren mehr als nur einmal einen Wolf aus dem Dunkel des Walds spähen sehen. Das machte sie etwas nervös, obwohl Wölfe Menschen selten angriffen und sie immer ihren Stab bei sich trug. Sie war recht froh, dass das Mondmal oder Magiertalent hier nie zur Wolfsgestalt führte, wie im fernen Westen, wo die Berge an den Himmel stießen und die Städte von »Königen« regiert wurden, von Männern, die so zum Herrschen geboren waren wie die Hexen zum Heilen und zum Hüten.

Als sie nach dem Kater griff, fuhr er hinter sie. Sie machte kehrt und vergaß ihn – sah sie doch über dem Wald eine dicke schwarze Rauchsäule aufsteigen, die die abendroten Wölkchen teilte … Sie konnte wegen des Waldes das Meilen entfernte Tjalve nicht sehen, wusste aber genau, dass es brannte.

Banditen!

Ihre Familie hatte Tjalve seit je beschützt. Ihr Vater hatte es um den Preis seines Lebens gegen Banditen verteidigt. Und sie hatte sie kommen lassen!

Es kam jemand aus dem Wald. Sie hob den Stock. Dann sah sie, dass die Gestalt, die nun den Grasweg entlangkam, allein und klein war. Ein Kind.

Sie rannte los. Sie war schnell, trotz der alten Beinwunde. Aber sie wurde auch nicht von langen Röcken behindert. Einen knielangen, löchrigen, von der Gartenarbeit fleckigen Kittel trug sie, mit einem Gürtel für ihren Dolch. Verfilzte Locken streiften ihr die Schulter. Unverheiratete Frauen trugen das Haar im Allgemeinen lang und offen, aber sie, in ihrer Einsamkeit und Abgeschiedenheit, scherte sich nicht um ihr Aussehen. Gleich nach ihrem Auszug hatte sie sich das Haar abgeschnitten.

Wieder lief ihr Wanderbursche so jäh zwischen die Beine, dass sie stolperte und beinahe gestürzt wäre. Er sauste vorneweg, entschlossen mitzukommen, aber ja nicht hinterdrein – obwohl er keine Ahnung hatte, wohin es ging. Doch als er plötzlich stehen blieb, einen Blick zurück warf, wusste sie, dass er die näher kommende Gestalt ausgemacht hatte. Hatte er denn schon ein Kind gesehen? Sicher nicht. Das erst einjährige Tier war nur selten bei ihr zu Hause, in ihrer kleinen Hütte. Und die Dörfler waren in den letzten sieben Jahren nur selten und nur, wenn sie Hilfe brauchten, zu ihr gekommen.

Fünf Fuß vor dem Kind blieb der Kater wieder wie angewurzelt stehen, legte dann dumpf fauchend die Ohren an, machte einen Buckel und einen Schwanz zweimal so dick wie sonst.

Das Kind erstarrte.

Da sputete Winter sich, obwohl sie fast nicht schneller konnte – Wanderbursche war zu ihr wohl freundlich und an den meisten anderen Menschen kaum interessiert. Aber er war doch eine Wildkatze.

Jetzt duckte er sich, sprang aber nicht. Fauchend presste er sich an den Boden, den Schwanz an den Körper gedrückt. Ach, wirklich, ihr furchtloser Wildkater hatte Angst!

Jetzt suchte er gar das Weite!

Das Gesicht des Kindes lag im Schatten.

Aber dass es schwarzes Haar hatte, war nicht zu übersehen. Sie fühlte Angst in sich – nur eine im Dorf hatte schwarzes Haar, oder: Nur eine dort hatte sieben Jahre zuvor schwarzes Haar gehabt. Das Kind musste Rabins Tochter sein.

Sie streckte ihm beruhigend die Hand hin und fasste sich nun: »Spatz, bist du verletzt?«

»Nein! Ich war Holz sammeln, als die Banditen kamen! Da habe ich mich im Wald versteckt. Sie haben mich nicht gefunden«, schluchzte Spatz. Und Winter konnte sie nicht trösten, weil die Kleine doch Angst vor ihr hatte – alle Kinder in Tjalve wurden doch dazu erzogen, sie zu fürchten. »Sie haben Papa getötet!«, rief Spatz. »Und Mama mitgenommen.«

Vor Angst war sie wie gelähmt, beinahe stocksteif: Die Kerle hatten Rabin entführt!

»Mama hat gesagt«, schluchzte das Mädchen, »wenn ihr etwas zustößt, soll ich zur Hexe gehen.«

»Ah ja?«, fragte Winter erstaunt. Aber ihr Staunen löste sich schnell in Ärger auf. Sie hatte Rabin nun seit sieben Jahren nicht mehr gesehen. Rabin hatte ihre Wahl getroffen, und sie die ihre, und sie war dafür aus Tjalve verbannt worden.

Doch Rabins Töchterlein warf sich ihr in die Arme, dass sie fast umgefallen wäre. Da ließ sie ihren Stock fallen, um ihr Gleichgewicht zu finden, und herzte und drückte die weinende Kleine.

Wenigstens ein Kind, das sich nicht vor ihr fürchtete.

Sie murmelte beruhigende Worte, Trost, und schloss die Hand ganz fest um ihren Stab. Und das Kind sank ihr an die Brust, schlaff und stumm wie ein Mehlsack.

Sie hatte es in den Schlaf gezaubert.

Das kleine Ding im Arm, eilte Winter in ihre winzige Hütte. Ein Wink mit dem Stab, und die paar Kerzen brannten, und sie sah nun in deren Licht das Gesicht der sechs Jahre alten Tochter Rabins zum ersten Mal in aller Klarheit. Und da zog sich ihr das Herz zusammen, war ihr doch für einen Augenblick, als ob sie Rabin als Kind vor sich sähe.

Vorsichtig bettete sie die Kleine auf ihr Lager, deckte sie schön zu und strich ihr das Haar glatt. »Ich schwöre bei der Mondfrau Szethra …«, murmelte sie, »dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, damit deine Mutter dich hier noch wecken kann.«

Ihre Visionenschale, ein Kleinod aus reinem Silber, funkelte im Schein von drei Bienenwachskerzen. Doch das Wasser auf dem Grunde zeigte ihr das Dorf in Flammen – Menschen, die leeren Blickes zwischen brennenden Hütten, Häusern umherirrten, die Verwundete versorgten, die Tote beweinten … und als Winter sich mit den Händen nun übers Gesicht rieb, hatte sie gleich Blut an den Fingernägeln.

Mit einem schmerzlichen Gefühl der Erleichterung sah sie da Distel, die Schwester ihrer Mutter, Wunden verbinden … Nur diese Tante hatte sie seit ihrer Vertreibung aus Tjalve von sich aus besucht. Sie und ihr Mann selig hatten keine Kinder bekommen – also hatte sie heute kein eigen Fleisch und Blut verloren. Aber Spatz, die hatte wirklich den Vater verloren: Jäger lag reglos, Brust und Hals von Pfeilen durchbohrt, im blutroten Morast.

Unter den Toten war auch Bürgermeister Wagner. Sie hatte ja immer gemeint, sie würde sich über seinen Tod freuen, fühlte jetzt aber gar nichts, weder Freude noch Trauer. Angesichts von so viel Not und Tod war es vielleicht unmöglich, Triumph und Schadenfreude zu empfinden. Und sie und er waren an der Zerstörung von Tjalve wohl ebenso schuldig wie diese Räuber.

Rabin aber war nicht im Dorf. Es waren überhaupt kaum junge Frauen zu sehen – ob tot oder lebendig. Wohin nur hatten die Banditen sie gebracht?

Sie hob zu singen an. Da verschwamm das Bild im Wasser, als ob sie nun durch das Auge eines rasend schnell in den Himmel aufschießenden Falken sähe. Und als sie verstummte, war das brennende Dorf ein kleiner Fleck ganz tief drunten und waren die anderen Dörfer unsichtbar in der schwarzgrünen Weite des Waldes. Nur dicht am Rand der Schüssel glomm dort, wo keine Siedlung lag, ein winziger Funke.

Auf ein paar Worte hin wurde er aber zum Lagerfeuer, um das ungefähr fünfzig, in bunte Fetzen gehüllte, mit Degen, Dolchen und Bögen bewaffnete Banditen lagerten. Sie feierten ihren Sieg, kippten die Becher, dass ihnen Bier in ihre verfilzten Bärte rann, und rissen sich die Stücke vom fetten Spießbraten … Am Rand des Lichtkreises standen, mit Fußfesseln versehen, ihre Pferde, und in einem Ring aus schwer beladenen Wagen drängte sich das geraubte Vieh von Tjalve. Und in den Wagen war, das wusste Winter, der ganze Reichtum des Dorfes – die Kessel und Pfannen, Werkzeuge und Ballen von selbst gewebtem Tuch sowie, als das Wertvollste und Wichtigste im Frühjahr, der Rest der Ernte vom letzten Herbst.

Sechzig oder mehr junge Frauen lagen im Schein des Feuers auf der nackten Erde, an Händen und Füßen gefesselt, die Kleider zerfetzt, blutbefleckt – aber in ihrer Nähe war kein Bandit zu sehen. Sie sollten den Brüdern wohl als der letzte Gang ihres Festgelages dienen!

Als sie den Blick von einer der Frauen zur anderen wandern ließ, sah sie Trauer und Schmerz, Entsetzen und Verzweiflung. Sie erinnerte sich noch an die Angst, den Hass in den Gesichtern dieser Frauen bei ihrer Vertreibung aus Tjalve! Seit damals hatten die sich ja nur bei ihr blicken lassen, wenn sie dringend ihrer Heilkünste bedurften. Aber diese sieben Jahre Einsamkeit und Zorn hatten ihr Herz nicht so verhärtet, dass sie die Not der Armen und ihre Schuld daran nicht gesehen hätte. Ja, es wäre ihre Pflicht gewesen, sie zu schützen.

Wo war Rabin? Hatte ihr Herz versagt? Eine alte Angst: Rabin war immer schrecklich scheu gewesen und hatte sich wohl nur mit ihr etwas entspannter geben können, ja, sich von ihr in der Jugend verleiten lassen, den Leuten Streiche zu spielen. Kaum jemand hatte ihnen die übel genommen … Bürgermeister Wagner schon. Er war humorlos und nachtragend. Und er hatte Winters Vater nicht leiden können. Also hatten sie ihn gnadenlos ins Visier genommen. Einmal, als sie zwölf waren, hatten sie ihm Kuhmist vor die Tür gehäuft, den Fladen mit Zunder und trockenem Laub bedeckt, das angezündet, dann bei ihm geklopft und die Beine unter die Arme genommen, um dann, von der Ecke einer anderen Hütte aus, zu verfolgen, wie der ungelenke, knochige Kerl aus der Tür fuhr und das Feuerchen austrat: Und dabei knöcheltief in Kuhdung trat. Er hatte sie zwar nicht gesehen, aber natürlich gewusst, wer der Schuldige war.

Dann hatte Rabin gesagt, sie habe genug von ihren Streichen, und sich noch mehr in sich vergraben, bis sie sich schließlich auch so reserviert verhielt, wenn sie mit Winter allein war.

Für Winter ging die Jugend mit jenem Angriff der Banditen zu Ende. Als die Kerle dann tot oder geflohen waren, kroch sie, mit Pfeilen in Gliedern und Schulter und einer knochentiefen Beinverletzung, zu ihrem Vater, der bewusstlos und mit einer ekligen, übel riechenden Bauchwunde, die ihm einen langsamen Tod versprach, hinter einer Schanze lag. Sie gab sich große Mühe mit ihrem Heilbann, hatte aber nicht mehr genug Kraft, sodass der Zauber seine allerletzten Reserven aufbrauchte … So tötete sie ihren Vater.

Sie hatte dann weder die Kraft noch den Wunsch, sich selbst zu heilen. Aber sie erholte sich doch, auch wenn es viele Monate lang dauerte. Als sie wieder gehen konnte, starb ihre Mutter, die den Tod ihres Mannes nie hatte verwinden können.

Aber Winter war zu jener Zeit mit ihren dreizehn Jahren bereits alt genug, für sich selbst zu sorgen. Sie lebte ganz allein im Haus ihrer Ahnen und behandelte wie ihr Vater und seine Vorfahren die Kranken und Verwundeten von Tjalve. Die freie Zeit, die ihr blieb, verbrachte sie großenteils mit Rabin.

Aber eines Morgens, ungefähr zwei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter, hatte sie vergessen, ihren Stock mitzunehmen, als sie Rabin besuchen ging. Als die beiden dann zusammen aus dem Haus traten, fanden sie einen Haufen finster dreinblickender Männer und Frauen vor. Winter suchte ihre Tante Distel unter ihnen, konnte sie aber nirgends entdecken. In der vordersten Reihe sah sie Bürgermeister Wagner stehen, mit einem seltsamen Lächeln um die Lippen. Wagner lächelte sonst nie.

Also rief sie: »Ist das eine Dorfversammlung? Wir sind doch auch schon erwachsen. Warum hat man uns nichts gesagt?«

Da hob Wagner die Hand, und schon fühlte sie sich von starken Armen derbe gepackt. Sie wehrte sich heftig und versuchte, sich loszureißen, und sah Rabin im Griff von zweien der fünf Söhne Wagners, wusste, dass zwei andere sie festhielten. Rabin stand wie erstarrt, war blutrot im Gesicht. Ihr war es immer so schrecklich gewesen, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Womöglich fiel sie gleich in Ohnmacht!

»Was soll das?«, begehrte Winter auf. »Laßt uns los!«

Der Schultheiß würdigte sie keiner Antwort, drehte sich aber zu den versammelten Dörflern um und schrie: »Das Böse ist in unserer Mitte. Wir müssen es mit Stumpf und Stiel ausreißen. Das ist schmerzlich, aber notwendig.«

Das alles ergibt doch keinen Sinn, dachte Winter. Weder, was er sagt, noch, was er tut, noch diese ganze Versammlung. Ist der alte Narr vollends senil geworden?

»Wovon redest du überhaupt?«, rief sie.

Nun kehrte er sich wieder ihnen zu. »Winter. Rabin. Ihr seid jetzt fünfzehn Jahre alt, seid erwachsene Frauen und lauft doch umher wie wilde Tiere. Ihr verbringt noch all eure Zeit zusammen, obwohl ihr doch schon verheiratet sein und Kinder bekommen solltet.« Nun richtete er einen strengen Blick auf Rabin, der sie mit Entsetzen schlug – so körperlich, dass sie schier in Ohnmacht fiel und nur noch von ihren Häschern auf den Beinen gehalten wurde. »Rabin, dein Vater hat dich vor langem dem jüngsten Sohn des Schmieds versprochen.« Und an Winter gewandt: »Aber deiner hat keine derartige Vereinbarung getroffen, obwohl doch ein verantwortungsbewusster Vater für die Zukunft seiner Kinder schon Vorsorge trifft, solange sie klein sind. Vor allem, wenn er der Letzte seines Stammes ist.«

»Du wagst es, meinen Vater zu beleidigen?!«

»Ich würde unseren Retter nie beleidigen«, erwiderte da der Schultheiß in frommem Ton. »Ich sage bloß, dass dich Waise niemand die Gesetze eines Erwachsenenlebens gelehrt hat.« Er schüttelte den Kopf. »Aber das ist meine Schuld. Ich hätte dein Vormund sein und dich von meiner Frau in den weiblichen Pflichten unterrichten lassen müssen … Du solltest längst verheiratet sein, für deines Vaters Vermächtnis Erben gebären! Das kann so nicht weitergehen. Ich werde dich also auf der Stelle mit meinem jüngsten Sohn verloben!«

Winter lachte schallend. »Eher heirate ich einen Ochsen als den Dummkopf von deinem Sohn!«

Da bekam Wagner schmale Augen. Ein paar Leute lachten. Doch bei dem bösen Blick ihres Bürgermeisters blieb ihnen das Lachen im Halse stecken.

»Winter, du wirst deine Pflicht als Frau und Helferin tun. Und du wirst deinem Bürgermeister gehorchen.«

Da spuckte sie ihm ins Gesicht.

Er wischte sich ruhig die Spucke weg und wandte sich dann an die Menge: »Genau, wie ich dachte: Die Hexe da verhält sich widernatürlich. Sie sieht doch andere Frauen an, wie es ein Mann täte.«

Jemand keuchte. Jemand anderer fragte: »Hast du etwa die Versammlung einberufen, um uns das zu sagen?«

»Ich rief euch zusammen, weil diese da den Göttern den Gehorsam verweigert! Ja, sie missachtet das Gebot der Mondfrau an ihre Familie und lässt die Linie ihres Vaters aussterben. Außerdem, fürchte ich, praktiziert sie schwarze Magie!«

Ungläubiges, zweifelndes Raunen erklang da, doch ängstliches auch.

»Lügner!«, schrie Winter.

Der Bürgermeister gab einen Wink.

»Ich habe nie …« – eine Hand legte sich ihr über den Mund. Sie wehrte sich mit allen Kräften, kam aber nicht frei. Sie grub die Zähne tief in diese schwielige Hand, aber die Hand blieb, wo sie war.

Dann wandte Bürgermeister Wagner sich an Rabin. Der war alle Röte aus dem Gesicht gewichen, sodass es nun schneeweiß war unter dem kohlschwarzen Haar.

»Rabin«, sagte er, »ich glaube nicht, dass ihre Bosheit auch in dir steckt. Nein, ich glaube, dass du bereit bist, die Pflichten einer guten Frau zu erfüllen. Habe ich Recht?«

Rabin starrte ihn so ängstlich an, dass Winter diesen Kerl am liebsten auf der Stelle geschlagen hätte. Aber sie hatte ja ihren Stock zu Hause gelassen – und damit dem Bürgermeister die Gelegenheit gegeben, auf die er seit dem Tod ihres Vaters wie ein Luchs gewartet hatte.

»Rabin, du musst mir Antwort geben«, sagte er nun sanft. »Bist du bereit zu heiraten?«

Rabin nickte.

Winter kämpfte wie eine Löwin, um loszukommen. Sie versuchte zu sprechen. Aber die Hände, die sie hielten, waren so hart und unnachgiebig wie Wagners Seele.

»Winter«, sagte der Bürgermeister. »Wenn du nicht dem Bösen in deinem Herzen entsagst und die Pflichten einer Frau erfüllst … wirst du aus Tjalve verbannt!« Ein Wink an ihre Häscher. »Lasst sie sprechen!«

»Wagner!«, ließ sich da von weitem die wütende Tante Distel vernehmen. »Was tust du hier?«

Die Hand gab Winters Mund frei, schloss sich dafür hart und schmerzhaft um ihren Arm.

»Schuft!«, schrie die junge Frau den Schultheiß an, »in meinem Herzen ist ja weniger Bosheit als in einem einzigen Haar auf deinem Kopf!« Und mühsam, die Wut schnürte ihr die Kehle zu, drohte sie: »Wenn ich aus Tjalve verbannt werde, kann Tjalve keinen Schutz mehr von mir erwarten!«

Da sah sie Schrecken in Gesichtern, in denen sich zuvor nur Staunen, Neugier, Zweifel gemalt hatte. Sie war dem Kerl in die Falle gegangen … Wenn sie ihre Hand vom Dorf zurückzog, verstieß sie gegen den Auftrag der Mondfrau an ihre Familie und an alle Magier – was wieder seinen Vorwurf, sie sei eine Hexe, zu erhärten schien. Aber sie war zu stolz, um sich dem rachsüchtigen Bürgermeister zu beugen. Sie würde ihre Worte nicht zurücknehmen.

»Winter, du bist aus Tjalve verbannt«, verkündete er da. »Es ist dir, bei Strafe des Todes verboten, zurückzukehren. Und es ist allen, bei Strafe der Verbannung, untersagt, mit dir zu reden oder dir zu helfen.« Nun blickte er, an ihr vorbei, seine Söhne an: »Schafft sie fort!«

Und sie schleiften Winter zum Dorfe hinaus. So lange es ging, sah sie nach Rabin zurück. Aber die blickte ihr nicht nach.

Nun warfen die Söhne des Bürgermeisters sie in den Wald. Und sie blieb liegen, wohin sie gefallen, rührte sich nicht, den ganzen Tag und auch die Nacht über nicht. Aber als am Morgen ein schlimmer Sturm losbrach, rappelte sie sich auf und ging zu der Hütte, die man für Wolfhund gebaut hatte, der Oberjäger von Tjalve gewesen war, bis ihm ein Ast auf den Kopf gefallen war. Magie kann einen Schädelbruch heilen, aber keinen Hirnschaden: Als Wolfshund erwachte – da war er ein anderer Mensch, der nicht einmal seine geliebte Frau wieder erkannte und sich vor allen fürchtete. Also rodeten seine Brüder ein Stück Wald, bauten ihm eine Hütte und brachten ihm seitdem immer sein Essen hinaus. Vor ein paar Jahren war er spurlos verschwunden … nach Meinung der Dörfler von Wölfen oder Bären gefressen.

Als Winter in dieser einfachen Hütte Zuflucht nahm, fand sie dort nun, zu ihrem Staunen, weder Staub noch Spinnweben vor, sondern erntefrische Lebensmittel und ihre Kleider, Pritsche und Folianten, ihre Sehschale und den Stab – ihre gute Tante hatte, bevor die Dörfler ihr Elternhaus plünderten, all ihr Hab und Gut gerettet, auch wohl geahnt, wohin es zu bringen war.

Wäre Winter wirklich eine böse Hexe gewesen, wäre sie sofort mit ihrem Stock ins Dorf zurück, um es zu zerstören. Sie tat nichts dergleichen. Trotzdem kamen dann die, die das Verbot des Schultheißen missachteten, nur, um ihr Schwerkranke oder lebensgefährlich Verletzte zu bringen, und blickten sie dann ängstlich an, als ob sie fürchteten, von ihr auf der Stelle niedergestreckt zu werden. Nur Tante Distel bildete da eine Ausnahme …

Wie dumm das alles gelaufen war! Warum hatten sie und Rabin den Bürgermeister denn immer ärgern müssen? Natürlich, sie waren ja Kinder gewesen; doch das war keine Entschuldigung. Entschuldigte das aber, dass ein alter Mann – ein Anführer! – so kindisch rachsüchtig war?

Mit den Jahren war ihr klar geworden, dass es ihm eher um Macht als etwa um Rache gegangen war! Er hatte ihren Vater gehasst, da der die Autorität besaß, die ihm, dem Bürgermeister, abging; und bei einem Mädchen konnte er derlei Macht natürlich nicht dulden … ja, darum hatte er sie aus dem Dorf vertrieben und verbannt.

Aber war es ihm denn nie eingefallen, dass früher oder später noch mehr Banditen nach Tjalve kämen?

Wagner war ein verbitterter alter Narr. Und sie eine stolze junge Närrin. Und zusammen hatten sie jetzt ihr Dorf auf dem Gewissen.

Sie fasste ihren Stab fester – sie hatte unter den Gefangenen der Räuber eine Frau entdeckt, der Haare so schwarz, dass sie im Feuerschein glänzten, übers Gesicht hingen. Du mit deinem schwarzen Haar, hatte sie Rabin immer geneckt, du hast wohl einen durchreisenden Fremden zum Vater gehabt!

Nun hob die Gefangene den Kopf und warf jäh das lange offene Haar zurück. Ihr tränenverschmiertes Gesicht zeigte, wider Winters Erwarten, keinerlei Furcht, bloß helle Wut. Und sie blickte so böse zum Himmel empor, als ob sie mit den Göttern hadere.

Winter kämpfte gegen ihre eigene Wut an: Sie musste die Ruhe bewahren, ruhig bleiben, um die Vision nicht zu stören. Noch wusste sie auch nicht, an welchem Ort die Banditen waren. So erweiterte sie nun ihr Blickfeld. Da, die Kerle lagerten auf einer üppigen Wiese am Ufer eines breiten Stromes, der wohl der Yarszyks war, der einzige Fluss nahe Tjalve – aber wo an diesem Strom?

Nun fiel ihr ein Felsen auf, auf dem ein Bandit Wache stand. Wie ein enormer, gebogener Fang hing er übers Wasser, und an dieser eigenartigen Form erkannte sie ihn wieder – dort war sie schon gewesen, auf ihrer Suche nach einer seltenen Blume für einen Fruchtbarkeitstrank. Südlich von Tjalve lag diese Wiese, drei Stunden zu Fuß waren es bis dorthin.

Irgendwo in einem ihrer Zauberbücher war ein Spruch, der sie im Handumdrehen zu der Wiese versetzen könnte. Leider hatte sie den nie gelernt; er machte ihr nämlich Angst. Drei dicke Schwarten hatte sie, wovon eine in einem westlichen Dialekt abgefasst war … Wo auf diesen aberhundert handbeschriebenen Seiten stand der Zauberspruch, den sie benötigte? Sie hatte erst einmal damit zu tun gehabt, zehn Jahre zuvor: Ihr Vater hatte sie alle beide, als sie beim Kräutersammeln im Wald gedämpfte Schreie von Tjalve her hörten, heimversetzt, damit sie den Dörflern gegen die Räuber helfen konnten. Der Zauber hatte ihn erschöpft, seine Reaktionsfähigkeit verringert; aber er hatte keine Zeit zu verlieren gehabt. Das hatte sie jetzt auch nicht.

Sie fand den Spruch dann doch sehr schnell, pries sich also glücklich. Da legte sie das Zauberbuch aufgeschlagen vor die Sehschale und trat beiseite. Schnell legte sie einen dunklen Umhang an, der ihr weißes Haar und ihre helle Haut verbarg, und band sich ein Täschchen mit Verbandmaterial und Arzneien an den Dolchgürtel. Und als sie gleich drauf wieder vor der Schüssel stand, entsprach die ihrer größten Sorge und zeigte ihr Rabin … Neben Rabin sah sie einen kahlen, blondbärtigen Banditen kauern – der eine Locke ihres kohlschwarzen Haars zwischen den Fingern rieb.

Da hätte sie sich fast an Rabins Seite versetzt – doch wenn sie nun mitten unter den Kerlen erschien, könnten auch ihre Magie und Zauberkunst sie nicht vor sofortigem Tod oder Gefangenschaft bewahren!

Mit einer schmerzlichen Anstrengung rief sie das Spiegelbild von besagtem Felsen wieder auf, hob dann ihren Stock und las halblaut aus ihrem Zauberbuch ab …

Da fand sie sich bei dem Stein wieder! Betäubt von dem jähen Ortswechsel und durch den Zauber ausgelaugt, lehnte sie sich an den rauen Granit. Sie dankte der Mondfrau Szethra dafür, dass sie sich nicht aus Unerfahrenheit in den Fels projiziert hatte – denn dann wäre sie gestorben und der Fels geborsten, dass er hundert Hektar Wald zu Kleinholz gemacht und Banditen wie Gefangene zerschmettert hätte.

Also sah sie nach oben, murmelte rasch einen Zauber und wies mit dem Stab auf den Wächter – und schon fiel er herab, ganz lautlos, bis auf das Aufklatschen auf dem Wasser des Stroms. Ob seine Kameraden es auch gehört hatten? Winter drehte sich schnell um.

 Ungefähr zwanzig Banditen saßen schmausend und zechend am Feuer; die übrigen gingen zwischen den Gefangenen auf und ab. Wilde Schreie übertönten das Tosen des Feuers.

Die Kerle in Schlaf zu zaubern, ging leider nicht, denn der Zauber wirkte, wie die Heilmagie, nur mit Handauflegen. Dann kannte sie noch einen Todeszauber, der alle Banditen töten würde – und alle Gefangenen. Dieser Zauber unterschied nicht zwischen Ungerechten und Gerechten.

Sie musste sie also einen nach dem anderen töten.

Auf die am lodernden Feuer hockenden Banditen konzentriert, murmelte sie denn einen Spruch und schwang ihren Stock wie ein Schwert. Der gab zwar keine Blitze oder Farbenspiele von sich … richtete aber ein größeres Blutbad an als jede Axt. Und so sanken nun zwanzig kopflose Leichen zu Boden.

Als sie dann, vor Erschöpfung hinkend, zum Feuer lief, wäre sie noch um ein Haar über so einen Typen gestolpert, der auf einer hilflosen, an den Händen gefesselten Entführten lag und über ihre Schreie und verzweifelte Abwehr nur lachte. So stieß Winter ihm ihren Stab durch die Kehle, riss ihn von der Frau herunter und murmelte dazu rasch einen Fluch. Dann ließ sie den Kerl zu Boden fallen. Er sank hin und rührte sich nicht mehr. An seinem Hals war keine Wunde zu sehen, aber die Luftröhre und das Rückgrat waren durchschlagen.

Die gerettete Gefangene – es war Aster, die Frau des Müllers –verstummte und starrte zu ihr auf. Winter zog ihr Messer. Aster riss die Augen auf. Da drehte Winter sie auf den Bauch und schnitt ihr die Handfesseln durch.

Dann zog sie dem Toten das Messer aus dem Gurt und legte es neben sie. »Wenn ich einen Banditen getötet habe, schneidest du die Frau los.«

»Ich werde auch Banditen töten«, erwiderte Aster wild.

Winter prüfte ihre Miene, nickte dann.

Da hörte sie einen Schrei so laut, von so nahe, dass er alles andere übertönte und ihr beinahe die Ohren zerriss. Sie warf sich nach vorn, begrub Aster unter sich, sodass sie von den anderen Schattenpaaren dort ums Feuer nicht zu unterscheiden waren. Aber der schreckliche Schrei schien die Räuber nicht aufhorchen zu lassen. Was war nun schon ein Schrei mehr oder weniger?

Winter rannte dahin, woher er gekommen war. Ein kahler Kerl stellte sich ihr, wie aus dem Boden gewachsen, in den Weg. Sie wich zurück – der Bandit, der bei Rabin gekauert hatte, war doch kahlköpfig gewesen! Sie hob den Stock, aber da gab ihr Humpelbein unter ihr nach, und sie schlug der Länge lang hin.

Der Schuft schlug neben ihr auf. Von seinem Gesicht über dem blonden Bart war bloß noch rohes Fleisch und weißes Bein zu sehen. Wie brachte eine gefesselte Frau das fertig?

Keine Frau. Eine Wölfin.

Das Tier sprang auf die Pfoten, das bluttriefende Maul weit aufgerissen, laut knurrend. Winter hob den Stab – hätte aber wohl den rettenden Zauberspruch kaum mehr zu Ende gebracht, so in Sprungweite der Wölfin!

Eine Wölfin mitten unter den Gefangenen! War sie so wild vor Hunger, dass nicht einmal der Anblick aberdutzender Bewaffneter sie abschrecken konnte? Das riesige schwarze Raubtier schloss das Maul, stand reglos auf zerfetzten Kleidern, Fesseln und beobachtete Winter mit unheimlich blauen Augen. Beobachtete sie wie die Wölfin, die manchmal dort am Rand ihrer Lichtung erschien.

Sie sah zu dem Schnitz von Vollmond auf, der über den Bäumen ragte. Ihre Sehschale hatte Rabin mit wütendem Aufblick zum mondlosen Himmel gezeigt. Da musste sie daran denken, welche Gestalt der Mondbann im Westen verlieh. An ihren Scherz, die schwarzhaarige Rabin müsse ja einen Fremden zum Vater gehabt haben. An die Reaktion ihrer Wildkatze auf Rabins Tochter.

Die Wölfin hockte sich auf die Hinterpfoten. Da richtete Winter sich an ihrem Stab auf. Der Schweiß rann ihr dick die Schläfen hinab. Die Hände zitterten ihr.

»Eleriasza«, flüsterte sie und betete dabei zu Gott, dass die Wölfin sie verstünde, »Eleriasza, kennst du mich? Kennst du Meliada?« Sie sprach da Rabins Wahren Namen aus und auch den eigenen, den sie bloß Rabin gesagt hatte. Namen waren Macht. Sie hoffte und betete, dass Rabin auch jetzt als Wölfin ihren Wahren Namen kannte.

 Die Wölfin verharrte reglos und musterte, beobachtete sie mit blassblauen Augen.

»Eleriasza«, flüsterte Winter, »hilf mir.«

Da warf sich das Tier mit einem lautlosen Satz auf den über einer gefesselten Frau kauernden Schuft, durchbiss ihm die Kehle … Winter nahm die andere Richtung. Um die ihr verbliebenen magischen Kräfte zu schonen, tötete sie nur mit dem Messer. Einige der Frauen, die sie befreite, blieben schreiend oder weinend oder reglos liegen, und andere nahmen sich die Dolche der Getöteten und halfen ihr bei dem blutigen Werk. Und sie konnte nur hoffen, dass die übrigen Banditen, so beschäftigt, wie sie waren, und bei dem ungewissen Licht nicht so rasch bemerkten, wie viele ihrer Gefangenen schon ihrer Fesseln und Peiniger ledig waren.

Da übertönten ein Zischen und ein Schmerzensgeheul das Tosen des Feuers. Winter blickte sich gehetzt um: Zehn Banditen in loser Reihe, die Bogen erhoben, legten gerade wieder Pfeile auf. Und als sie zum Zauber ansetzte, ließen die ihre zweite Salve los. Da endete Winters Lied, schlug ihr Stock zu. Und die Schützen fielen in sich zusammen wie Marionetten, denen die Fäden gekappt wurden. Aber ihre Pfeile vollendeten ihre Bahnen. Winter hörte Schreie und ein Geheul.

»Göttin!«, rief sie und fuhr nach dem Wolfsgeheul herum.

»O Heilerin!« Jemand packte sie am Arm. »Meine Schwester ist verwundet.«

Fast hätte sie ihren Stab keulengleich geschwungen – da erst verstand sie besagte Worte. Barsch riss sie sich los.

»Da könnten noch welche am Leben sein!«, rief sie. »Ein paar von euch sollen sie suchen und töten. Die anderen müssen mir helfen, die Verletzten zu versorgen …« Als die Frau nickten, öffnete sie ihre Tasche mit Verbandszeug und Arzneien. »Säubert und verbindet die Wunden, die keines unmittelbaren Heilzaubers bedürfen.«

Da packte die Frau sie am Handgelenk, rang sie auf die Knie. »Meine Schwester stirbt!«

Vor ihr lag Lily, die neue Frau des Schmieds. Der ragte ein gefiederter Schaft aus dem Hals, daraus sprang das Blut im hohen Bogen. Von der Wölfin war seit jenem grausigen Geheul nichts mehr zu hören gewesen. Rabin war vielleicht leicht verwundet oder schon tot. Lily hatte nur noch Sekunden zu leben. Leise singend, legte Winter ihr den Stock auf den Arm und zog ihr den Pfeil aus dem Hals.

Als die Wunde sich schloss, keuchte Lily schwer. Da fasste sie ihr mit zitternder Hand an den seidigen Hals: Der Puls war schwach, doch ruhig. Vor Erschöpfung schwankend, schloss sie die Augen. Sie hatte bei ihrem Zauber nicht allzu viel von Lilys Kraft verbraucht. Sie hatte sie nicht umgebracht.

Ein Schrei brachte sie wieder auf die Beine. »O Götter, ein Wolf!«

»Der Diener der Hexe. Er hat viele Banditen getötet.«

Nun humpelte Winter, auf ihren Stab gestützt, zu dem Auflauf hin.

»Sieht aus, als ob ihr die Kerle den Wolf getötet hätten!«

»Rabin« lag reglos und mit geschlossenen Augen da, ein Pfeil ragte aus der schwarz behaarten Flanke, und durch die Wunde ging mit grässlichem Schlürfen Luft ein und aus … Der Pfeil hatte ihr die Lunge durchbohrt. Rabin starb, und sie, schon von dem Versetzungszauber geschwächt, hatte all ihre übrige Kraft darauf verwandt, Banditen zu töten und Lily zu heilen. So erschöpft war sie auch gewesen, als sie versuchte, ihren Vater zu heilen, und ihn dabei umbrachte … Sie würde Rabin nicht töten!

Wenn sie nichts unternahm, brächte sie Rabin um.

Sie versetzte sie in einen tiefen Schlaf, um vielleicht kostbare Sekunden zu gewinnen. Dann begann sie den Heilbann. Sie sang grässlich langsam, so langsam – um sicherzustellen, dass sie all die benötigte Energie aus dem eigenen Leib nahm. Dass sie dabei zu Schaden kommen könnte, war ohne Belang. Sie durfte Rabin nicht umbringen.

Beim letzten Wort ihres Liedes riss sie den Pfeil heraus.

Dunkel brach über sie herein, überwältigte sie.

 

Schwanken, Stoßen, Ruckeln – raues Holz unter ihrer Wange. War sie gefangen? Lebte Rabin noch?

Winter setzte sich auf. Ihre Hände waren frei. Im Licht der Fackeln sah sie, in einem ansonsten leeren Wagen, die Wölfin reglos an ihrer Seite liegen … Sie legte ihr die zitternde Hand auf die Flanke. Nichts …

Doch! Die Flanke der Wölfin, sie hob und senkte sich. Rabin lebte!

Aber wo waren sie? Wer fuhr sie? Sie drehte sich um. Und die Fahrerin, als ob sie ihren Blick gespürt hätte, sah zurück. Graues Haar hatte sie, das im Licht der an den Sitzpfosten angebrachten Fackeln matt wie Eisen glänzte, und sie lachte, dass ihre Zähne nur so blitzten.

»Willkommen zu Hause, Nichte!«

»Willkommen zu Hause?«, wiederholte Winter. »Bin ich denn in Tjalve?«

»Wir haben Tjalve verlassen«, erwiderte Distel.

»Natürlich.«

»Nein«, sagte die Tante. »Wir sind fort, weil man mein Haus und deine alte Hütte niedergebrannt hat. Winter, du bist in Tjalve wieder herzlich willkommen. Alle sind dir so dankbar dafür, dass du die Kerle zur Strecke gebracht und die Frauen gerettet hast.«

Winter senkte den Kopf. »Ich habe ja nicht einmal über euch gewacht! Als ich dann sah, dass das Dorf brannte, waren diese Schufte bereits wieder so weit fort, dass ich mich mit einem Zauber in ihr Lager bringen musste, der mich besser bei ihrem Überfall nach Tjalve versetzt hätte! Und dann wurde ich noch ohnmächtig, ehe ich auch nur zwei Frauen geheilt hatte …«

»Winter! Habt ihr, du und dein Vater, beim letzten Überfall auf Tjalve alle retten können?«

»Nein, aber …«

»Diesmal warst du auf dich gestellt in diesem Kampf und hast doch ganz allein mehr als fünfzig Banditen erledigt!«

»Nicht ganz allein! Viele der Frauen halfen mir …«

»Winter! Du hast die meisten der Räuber getötet. Du hast das Dorf gerettet. Nun freue dich doch über deinen Erfolg!«, rief Distel und grinste dann. »Und freue dich auch, dass Wagner tot ist.«

»Darüber kann ich mich nicht freuen.«

»Ich schon«, erwiderte Distel. »Das war mir doch ein blöder Idiot, und auch noch Schultheiß viele Jahre lang! Warum die Dörfler ihn immer wieder unterstützt haben, weiß ich nicht. Ich bin sehr erleichtert darüber, dass wir ihn los sind.«

»Ich muss sofort nach Tjalve zurück!«, rief Winter plötzlich. »Die Verwundeten …«

„… sind schon in Sicherheit und werden von ihren Familien gepflegt«, fiel die Tante ihr ins Wort. »Ohne dich leben sie ja sogar ein wenig länger. Du hast nämlich noch nicht wieder genug Kraft für deinen Heilzauber, liebe Nichte, du bist ja bleicher als der Mond!« Und damit zeigte sie auf die Wölfin neben ihr. »Ich dachte mir, du hättest Rabin vielleicht gern bei dir in der Hütte, damit du sagen kannst, du hättest sie mit Wundfieber im Wald gefunden.«

»Woher weißt du, dass das Rabin ist?«

Tante Distel lächelte mild. »Als ich vor Jahren einmal, spät nachts, beim Heimweg von einer Freundin an Rabins und Jägers Hütte vorbeikam, sah ich einen großen Wolf aus ihrem Fenster springen. Die beiden besaßen keinen Hund, und ich wusste, dass das, was ich sah, kein Hund war. Ja, dass ich es da mit einem deiner Zauber zu tun hatte. Also hielt ich den Mund und erzählte niemandem etwas davon. «

»Das ist aber kein Zauber von mir.«

Jetzt war es an Tante Distel, erstaunt zu sein. »Wie ist das möglich!«

»Tante, weißt du, ob Rabin fremdes Blut in ihren Adern hat?«

»Ihr Großvater war Westler und hat seine Karawane verlassen, um eine Tjalverin zu heiraten. Und er hatte schwarzes Haar, wie Rabin«, erzählte Distel und fragte dann lachend: »Willst du etwa sagen, Ausländer seien wilde Tiere?«

Da musste doch auch Winter lachen. »Nein!«, rief sie. »Aber im Westen verwandeln sich Mondgebannte bei Vollmond in Wölfe.«

»Nun … morgens war Rabin ja immer eine Frau«, sagte Distel und sah zum Himmel empor. »Die Sterne verblassen schon. Aber bis die Sonne aufgeht, dauert es ja noch eine Zeit. Und bald sind wir bei deiner Hütte.« Also richtete sie den Blick nach vorn. »Schön, meine Nichte ist am Leben! Ich bin sicher die glücklichste Frau in Tjalve, denn ich habe bei dem Überfall keine Verwandten verloren!«

 

Winter legte Rabin im hintersten Winkel ihrer Hütte auf eine alte Decke. Spatz sollte beim Aufwachen ja keinen Wolf neben sich vorfinden, und Distel deckte das arme Tier dann zu.

»Du musst hier bleiben, Tante«, bat Winter. »Ich lasse nicht zu, dass du im Schlamm lebst, bis deine Hütte wieder steht.«

»Nicht alle Häuser sind ja niedergebrannt. Ich wohne solange bei einer Freundin. Außerdem, du hast keinen Platz für einen weiteren Gast!«, sagte Distel und ließ sich von ihr zum Wagen hinausbegleiten und umarmte sie dann, erstaunlich fest, und verabschiedete sich mit den Worten: »Schau nur, dass du etwas schläfst, liebe Nichte, du siehst doch aus, als ob du gleich umfallen würdest! Ich schaue heute Nachmittag nach dir.«

Winter half ihr auf den Sitz hinauf, sah ihr dann nach, bis sie mit dem Wagen im Wald verschwand …

Rabins Tochter schlief noch immer friedlich, als sie in die Hütte zurückkam. Jetzt machte sich ihre Erschöpfung richtig bemerkbar, wie eine erdrückende Last. Sie streckte sich vor ihrer Pritsche auf dem Boden aus. Aber sie schlief unruhig, durchlebte das Schlachten noch einmal … Als sie aufwachte, taten ihr alle Muskeln weh. Doch mit Hilfe ihres Stabs stand sie auf und humpelte zu Rabin hinüber.

So wie jetzt, hatte sie sie seit sieben Jahren nicht mehr gesehen:

Rabin hatte die Wolfsgestalt abgelegt und schlief ganz fest, ruhig, das lange schwarze Haar über die Decke gebreitet. Ihr Gesicht war friedlich, aber zu dünn, zu blass. Sie sah älter aus. Wie eine Erwachsene.

Sie atmete gleichmäßig. Dennoch fühlte Winter ihr den Puls, mit den Fingerspitzen am Hals.

Da öffnete sie die Augen. Und die füllten sich gleich so mit Furcht, dass Winter jäh die Hand zurückzog.

»Spatz! Oh, Winter, weißt du, ob meine Tochter noch lebt?«

»Sie ist wohlauf«, sagte Winter und wandte sich jäh ab – sie existierte für Rabin wohl gar nicht. »Sie schläft auf meiner Pritsche.«

Da hörte sie Rabin mit dem leichten Gang einer ganz Gesunden durchs Zimmer eilen.

Wortlos trat Winter vor die Hütte. Die Morgenluft war frisch an ihren nackten Armen. Sie setzte sich, unweit des Gartens, auf einen flachen Stein. Auf ihren Ruf zeigte sich Wildkater am Waldrand, kam auch gleich gelaufen, machte dann plötzlich kehrt und flüchtete wie von Sinnen.

Hände schlossen sich um ihre Schultern. Sie wartete, reglos. Sie fühlte sich, da auf dem Stein, wie in die Luft geworfen, im freien Fall, wer weiß wohin.

»Spatz schläft wieder«, hörte sie Rabin sagen und dann: »Oh, wie undankbar ich doch war. Ich habe dir nicht einmal meinen Dank gesagt, gedankt dafür, dass du mich gerettet hast und meine Tochter.«

Da blickte sie über ihre Schulter, sah Rabin in das schmale, ernste Gesicht. »Nicht ich habe Spatz gerettet«, sprach sie. »Sie hat sich selbst gerettet.«

»Sie ist stark, so wie ihr Vater«, erwiderte Rabin. »Ich bin noch nie stark gewesen.« Und schnell nahm sie ihre Hände von Winters Schultern. »Er hat mich geliebt.«

»Ich weiß«, sagte Winter. Sie hatte es in ihrer Sehschüssel viele Male gesehen, so klar wie das Sonnenlicht auf seinem Gesicht: seine Liebe für Frau und seine Tochter.

»Wie musst du mich für meine Schwäche gehasst haben«, murmelte Rabin.

»Ich habe dich nie gehasst,« sagte Winter – es war nicht Hass, sondern Enttäuschung über einen sieben Jahre zurückliegenden Verrat, was sie empfand. »Aber ich weiß wirklich nicht, was uns nach so vielen Jahren des Schweigens denn noch verbinden könnte.«

»Du meinst wohl, was einen Menschen und ein Tier verbindet!«, erwiderte Rabin in plötzlich harschem Ton. »Ich bete jeden Tag zur Göttin, dass sich mein Fluch nicht bei Spatz zeigt! Ich hätte aus Tjalve fliehen sollen, noch ehe ich ein Kind bekommen konnte. Aber ich war zu schwach. Ich sagte Jäger, ich wäre einmal im Monat so krank, dass ich allein schlafen müsste. Er hat mir geglaubt und sein Leben für mich geopfert, in der Überzeugung, ich sei ein Mensch. Oh, ich hätte nach der ersten Verwandlung im Wald bleiben sollen! Ich bin ein Ungeheuer!«

»Nein!«, schrie Winter und fuhr herum, um ihr in die Augen zu sehen. Rabin hatte ihre Größe – war jedoch so dünn, dass der Kittel aus ihrer Truhe wie ein Sack um sie hing. »Rabin, du hast das Mondmal! Im Westen verwandeln sich Mondgebannte in Wölfe. Und du hast westliches Blut in dir. So wie die Göttin die Familie meines Vaters auserwählt hat, hat sie auch dich auserwählt.«

»Auserwählt?«, schrie Rabin. »Verflucht! Götter, was habe ich mit diesem Banditen angestellt?! Was habe ich mit den vielen anderen gemacht!«

»Du hast schon andere Leute getötet?«

»Ja, andere Banditen! Aber reicht das nicht?«, rief Rabin und schloss, rot vor Scham, die Augen. »Und, die Göttin helfe mir … ich habe das genossen!«

»Jetzt auch noch?«

»Nein«, flüsterte Rabin. »Jetzt verabscheue ich es.«

»So geht es mir auch. Aber ich bereue nicht, was ich getan habe.«

»Aber du«, rief Rabin lohenden Blicks, »hast ihnen nicht mit den Zähnen die Kehle zerfleischt und nach Blut, immer mehr Blut gedürstet!«

»Ein Wolf kann kein Messer halten! Du hast getan, was du tun musstest. Wir alle tun, was wir tun müssen, um zu überleben. Du hast nicht zu anderen Zeiten Menschen getötet. Und wirst es nicht ständig tun.«

»Ich will es nicht riskieren! Kann denn kein Zauber diesen Fluch brechen?«, wisperte Rabin, mit dem Ton der Verzweiflung in der Stimme. »Und kein Zauber meine Tochter vor diesem Los bewahren?«

Und Winter erwiderte, die Szene vor Augen, da ihr Wildkater vor dem kleinen Kind geflohen: »Ihr habt beide das Mondmal, das ist nicht zu ändern«, und fuhr fort, als Rabin vor Qual die Augen schloss: »Aber dein Bann ist beherrschbar … Sag, willst du diese Fähigkeit wirklich aufgeben?«

Rabin gab keine Antwort.

»Möchtest du nicht wissen, wie man sich von selbst in einen Wolf verwandelt?«

Rabin riss Mund und Augen auf. »Aber ja!«

»Ich habe ein altes Buch, das von dieser Gottesgabe spricht, die du geerbt hast. Bleibe, bis du dich gewollt verwandeln kannst.« Rabin sah stumm vor sich hin. »Also, man wird dich nicht wie eine Aussätzige behandeln, wenn du bei mir wohnst. Ich bin in Tjalve wieder willkommen!« Rabin errötete. »Das mit der Wölfin begann, als du deine Tage bekamst? Dann weiß ich ja endlich, warum du plötzlich so reserviert warst.«

Rabin sah verlegen beiseite. »Ich wollte nicht, dass jemand es erfährt. Oh, wie ich betete, dass niemand das herausfände. Alles umsonst!«

»Die dich jetzt gestern Nacht sahen, hielten dich für meinen dienstbaren Geist. Und ich beließ sie bei ihrem Glauben. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen«, sagte Winter und fügte, nach kurzer Überlegung, hinzu: »Du brauchst dich auch nicht auf das Studium des Kontrollzaubers zu beschränken.«

»Ich verstehe nicht …«, erwiderte Rabin.

»Ich brauche eine Erbin. Und Spatz hat Magie in sich«, sagte Winter lächelnd. »Und du auch.«

Rabin machte große Augen. »Ich hab dich immer so beneidet«, rief sie. »Und wollte doch so gern zaubern können wie du!«

»Bleib«, sagte Winter. »Lerne, deine Magie zu gebrauchen … Und deine Tochter bilden wir zur Heilerin aus.«

»Ich werde bleiben«, flüsterte Rabin und reichte Winter die Hand, um ihr Wort zu besiegeln.

Silberschwester - 14
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